Stets konnten neue Herausforderungen gemeistert werden, die sich aus Fortschritten in der Pflanzenzüchtung ergaben und die zu Änderungen in Produktions- und Vermehrungstechnik zwangen: verstärkte Vermehrung zweizeiliger Wintergerstensorten, Einführung von Triticale in den Anbau, erhöhte Anforderungen an die Vermehrung von Hybridroggen sowie Null- und Doppelnull-Rapssorten.  



Nicht nur bei den Fruchtarten, sondern auch in der regionalen Verteilung der Vermehrungen in unserem Gebiet und in der Anzahl von Vermehrungs- und Aufbereitungsbetrieben ergaben sich teils drastische Veränderungen:

  • Hannover war von jeher führend in der Saatgutvermehrung. Saatguterzeugung bedeutete vor allem für
    die Betriebe auf den ertragsschwachen Standorten in Nordhannover die Möglichkeit zur Erhöhung
    der Wertschöpfung aus der Pflanzenproduktion. Diesem Ziel hatten sich bereits seit den 20er  
    Jahren viele Saatbaugenossenschaften in diesem Gebiet verschrieben. Hannover wurde somit
    Saatgetreide-Überschussregion mit der Notwendigkeit übergebietlicher Vermarktung. Sie wurde
    anfangs in West- und Süddeutschland gern in Anspruch genommen. Später wurde diese
    Konzentration der Saatgetreideproduktion nicht mehr so gern gesehen, nachdem die bisherigen
    Empfangsgebiete selbst stärker in die Produktion eingestiegen waren.
  • So ging der Anteil Hannovers an der Vermehrungsfläche der Bundesrepublik von 40 - 50 % in den
    50er Jahren bis auf etwa 30 % Ende der 80er Jahre zurück. Auch im heutigen Deutschland
    behauptet Niedersachsen zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern seine führende Stellung in der
    Saat- und Pflanzgutproduktion.
  • Innerhalb des Gebietes verlagerte sich die Getreidevermehrung zunehmend in das nordöstliche Kammergebiet (anfangs unter 40 %, heute etwa 50 %). Die Bedeutung Südhannovers ging
    umgekehrt von etwa 45 % auf jetzt 25 % zurück. Gleichzeitig verschob sich die Produktion von der
    Selbstaufbereitung hin zu Lohnaufbereitung und zur Rohwarenlieferung.
  • Stark rückläufig war die Anzahl der Vermehrungsbetriebe. Aus dem Jahre 1959 wird über 4.140
    Getreidevermehrer und 4.971 Vermehrer für die übrigen Fruchtarten berichtet. Heute sind es
    insgesamt noch 1.275 Vermehrer (910 für Getreide und 571 für die übrigen Fruchtarten.
  • Gleiches gilt für die VO-Firmen und Aufbereitungsbetriebe. Im Jahre 1959 waren über 85 VO-Firmen
    und über 280 Saatgutwirtschaften (offensichtlich Selbstaufbereiter) tätig. Angaben über die Anzahl
    von Aufbereitungsbetrieben bei Handel und Genossenschaften fehlen. Im Jahre 2000 bereiteten
    insgesamt nur noch 153 Betriebe Saatgetreide auf, darunter nur 26 Betriebe mit mehr als 1.000 t
    Jahresproduktion und nur 2 mit mehr als 5.000 t.


Die Selbstaufbereiter stellen noch etwa 50 % der Aufbereitungsbetriebe, die meisten bringen jedoch jeweils weniger als 1.000 t Saatgetreide auf den Markt. Ihre Anzahl dürfte weiter zurückgehen.

Selbstaufbereiter behalten aber ihre besondere Bedeutung für die Erzeugung von Vorstufen- und Basissaatgut und für die Versorgung des regionalen Marktes:
Schnelle Liefermöglichkeit, Ersparung von Frachtkosten, Abgabe kleiner Chargen, Lieferung lose, Spezialanwendungen beim Beizen. Sie müssen sich zunehmend der Konkurrenz von Großanlagen stellen. Mit leistungsfähigen Anlagen sind sie dem Wettbewerb aber durchaus gewachsen. Diesem traditionellen Sektor der Saatguterzeugung gilt die weitere besondere Aufmerksamkeit des Vereins.

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